Dienstag, 13. Januar 2015

Gelesen: Die alte Dame,...

Kurz vor Weihnachten erreichte mich eine freundliche E-Mail von Random House bzw. Blanvalet. Dort wurde ausgemistet und einige Leseexemplare, die zum Jahresende noch übrig geblieben waren, durften ihren Weg in den ein oder anderen Bloggerhaushalt finden. Ich konnte mir einen Roman der jungen, finnischen Autorin Leena Parkkinen aussuchen: "Die alte Dame, die ihren Hut nahm und untertauchte".  Die alte Dame, die 83-jährige Karen, begibt sich auf eine Reise in ihre Heimat und ihre Vergangenheit, um ein Familiengeheimnis zu lüften, das mit einem über 65 Jahre zurückliegenden Mord zusammenhängt. Zufällig gerät sie in einen Tankstellenüberfall, an dem auch die 18-jährige, hochschwangere Azar beteiligt ist. Auch Azar hat ihre Geheimnisse, vor denen sie auf der Flucht ist. Die beiden unterschiedlichen Frauen reisen gemeinsam weiter und machen sich zusammen auf die Suche nach Antworten auf Karens Fragen.
Für ihren Roman bekam die Autorin, geboren 1979, den wichtigsten Förderpreis für finnische Nachwuchsautoren. Auf deutsch erschien das Buch im vergangenen Sommer, in dem Finnland Gastland auf der Frankfurter Buchmesse war. Die "alte Dame" erzählt auf liebenswürdige, humorvolle, berührende und teils spannende Weise die Geschichte zweier sehr unterschiedlicher Frauen. Karen ist auf der Flucht, kann sich dabei aber noch Gedanken machen, ob das Foto, dass man für ihre Vermisstenanzeige aussucht, ihr auch schmeicheln wird. Azar ist "ein kleiner, hungriger Schmarotzer - immer bereit, jede ausgestreckte Hand zu ergreifen und ihre Brut darin abzulegen. In ihrem Blick lagen zugleich Vertrauen und Angst, genau wie bei einem bettelnden Hund, dem man zu oft einen Klaps auf die Schnauze gegeben hat und der die Hand in der Hoffnung auf ein Stückchen Fleisch dennoch nicht aus den Augen ließ" (44). Gemeinsam gehen sie auf eine Reise in die Vergangenheit einer finnischen Familiengeschichte, in deren Mittelpunkt der gewaltsame Tod eines Mädchens und der Suizid von Karens Bruder stehen. Ein berührender Roman - mit Zügen einer Kriminalgeschichte - um zwei sehr unterschiedliche, interessant gezeichnete Charaktere. Mein Lieblingssatz ist übrigens dieser hier (S. 80): "Jemandem eine glückliche Kindheit zu schenken - das war die schwierigste Aufgabe der Welt, auch wenn es sich ach so leicht auszusprechen ließ."
Einen kleinen Kritikpunkt muss ich jedoch auch loswerden. Allerdings bezieht sich diese Kritik nicht auf die Autorin, sondern allein auf den Verlag. Sie betrifft die Übersetzung des Titels. Im Original heißt der Roman "Galtbystä Länteen" ("Westlich von Galtby"). Wer den langen, deutschen Titel liest, fühlt sich wohl automatisch an den sehr erfolgreichen, ebenfalls aus dem skandinavischen Raum stammenden Roman "Der Hundertjährigen, der aus dem Fenster stieg und verschwand" von Jonas Jonasson erinnert. Dadurch kann meines Erachtens der Verdacht aufkommen, mit dem Werk von Leena Parkkinen würde lediglich versucht, ein erfolgreiches Schema zu kopieren und an diesen Erfolg anzuknüpfen - ein unberechtigter Verdacht, den dieser Roman nicht nötig hat.
PS: Das Buchthema für das erste Quartal 2015 bei der lesenden Minderheit lautet: Lies ein Buch, das von einer Autorin geschrieben wurde. Da bin ich doch gerne dabei.

1 Kommentar:

  1. Das Buch hört sich ja sehr interessant an, muss ich mir merken. Mich nervt es immer sehr, wenn Bücher einen ähnlichen Titel, wie andere erfolgreiche, haben. Weiß auch nicht, was die Verlage sich dabei denken.
    Liebe Grüße
    Lilly

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Gesa